Presstext
Über Tiere wird zurzeit viel debattiert: Haben sie eine Seele, wie viel Leid spüren sie, muss ihre Individualität durch Rechte geschützt werden? Haben wir Menschen die moralische Legitimation über sie zu verfügen? Dürfen wir ihre Existenz unserem persönlichen Wohl unterordnen, sie verzehren, uns mit ihrer Haut kleiden, sie der Freiheit berauben und abrichten zu unserem Vergnügen? In der wissenschaftlichen Diskussion wird das Verhältnis zwischen Mensch und Tier sehr ernst genommen. Im Alltag konsumorientierter Gesellschaften wird dieser Respekt nicht gelebt, das Verhältnis des Menschen zum Tier changiert zwischen unreflektierter Verwertung und sentimentaler Vermenschlichung. Vor dem Hintergrund dieser Kontraste möchte die Ausstellung informieren und aus der Perspektive der Kunst sensibilisieren für die Chancen einer respektvollen Koexistenz.
Die ältesten Darstellungen von Mensch und Tier sind mehr als dreißigtausend Jahre alt – aus Knochen geschnitzt oder an Wänden von Höhlen gemalt, gilt dem Tier die Aufmerksamkeit der ersten Künstler. In allen Kulturen wird ein harmonisches Zusammenleben von Mensch und Tier in der Urgesellschaft vermutet. Das Paradies! Zu diesem idealen Ursprung zurückzukehren ist die große Sehnsucht der Moderne.
Der Fisch als das älteste Geschöpf der Erde zeugt von einem Urzustand, den der Mensch nicht erinnert.
Auf die Frage nach der Schnittstelle, an der das Menschsein aufhört und das Tiersein beginnt, liefert die antike Mythologie irritierende Antworten. Aus der Konstellation Gott/Mensch/Tier entwickelt sie hybride Kreaturen, die Grenzen und Ordnungen in Frage stellen. Wie nah oder wie fern sind sich Mensch und Tier? Diese Mischwesen verunsichern, denn sie lassen uns spüren, dass die Grenze offen ist.
03.11.2017 -
Weite Teile der Tierwelt waren für die Forschung lange ein Rätsel, denn viele Spezies besitzen Fähigkeiten und Eigenschaften, die der Mensch nicht hat. Wie atmen Fische unter Wasser? Warum landen Katzen stets auf ihren Pfoten? Und wie orientieren sich Fledermäuse in der Dunkelheit?
Affen sind vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit in Europa ein Mysterium. Bei aller Ähnlichkeit wird dennoch eine hierarchische Differenz betont. Erst im 18. Jahrhundert führen erste Tier-
Tiere haben als Symbol für psychologische Aspekte in der Moderne eine große Bedeutung. Einzelne Arten werden zum Sinnbild von Wollust, körperlicher Begierde und unterbewusster Angst vor sexueller Dominanz. Die künstlerische Auseinandersetzung in der Moderne nutzt Tier-
Die Unfähigkeit, mit Tieren zu sprechen, ist nach Ansicht von Philosophen ein entscheidender Makel des Menschseins, drückt sich doch darin der verlorene Bezug zur Natur aus. Am Anfang, so die These, waren alle Lebenwesen im Einklang miteinander. Durch Fortschritt und Zivilisation hat sich der Mensch immer weiter entfernt. Die Idee ist, mit und in der Kunst Zugang zu einer Ebene zu finden, in der sich Tier, Mensch und Natur wieder im Angesicht höherer Kräfte begegnen.
Auch der Mensch ist nur ein Tier. Aus Sicht eines Evolutionssystematikers ist die Frage nach der Stellung des Menschen mit Bezug zur Tierwelt eine mit ernüchternd eindeutiger Antwort.
Ausstellung 03 November 2017 -
© ArtCatalyse International / Marika Prévosto 2017. Alle Rechte vorbehalten
Raptor’s Rapture, 2012, HD Video, Jennifer Allora & Guillermo Calzadilla, Lisson Gallery, London. © Jennifer Allora & Guillermo Calzadilla; Courtesy of Allora & Calzadilla and Lisson Gallery, London